In meiner langjährigen anwaltlichen Tätigkeit habe ich schon viele Fälle aus dem Bereich der ästhetischen Chirurgie bearbeitet. In den allermeisten Fällen haben die Ärzte oder Kliniken die Behandlungen nach einem Pauschalhonorar abgerechnet. Im Internet werben Ärzte mit Preislisten und Pauschalhonoraren, wie viel eine Brustvergrößerung oder Nasenkorrektur bei ihnen kostet.
Es scheint sich noch nicht herumgesprochen zu haben – oder aber es wird von den Behandlern vorsätzlich ignoriert, weil es weniger Gewinn verspricht – dass nach einer Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aus dem Jahr 2006 auch Schönheitsoperationen wie jede andere ärztliche Leistung nach der Gebührenordnung für Ärzte (kurz GOÄ) abgerechnet werden müssen.
Eine Ausnahme können nach vereinzelter Rechtsprechung Kliniken darstellen, die als GmbH auftreten. Das gilt aber nicht, wenn diese GmbH ärztlich geführt wird, denn ein Arzt unterliegt der Berufsordnung und muss Leistungen nach der GoÄ abrechnen.
In ihren Verträgen schreiben Privatkliniken oft, dass sie § 30 der GewO unterlägen und daher keine Verpflichtung zur Abrechnung nach GoÄ bestünde. Nach neueren Urteilen ist aber auch das nicht richtig. Das LG Düsseldorf beispielsweise hat festgestellt, dass auch die Abrechnung einer Schönheitsbehandlung durch eine Privatklinik in Rechtsform einer GmbH der GoÄ unterliegt. Das Kammergericht Berlin urteilte im Jahr 2016, dass es nichts an der Anwendbarkeit der GoÄ ändere, wenn eine Privatklinik in der Rechtsform einer GmbH das Angebot für eine Brustvergrößerung abgebe.
Solange keine korrekte Abrechnung nach der GoÄ erstellt wurde, ist das geforderte Honorar nicht fällig. Patienten können bereits entrichtete Pauschalhonorare zurückfordern.
Aber auch nach der GoÄ erstellte Rechnungen lohnen eine Überprüfung. Denn mit Abrechnungen nach der GoÄ lassen sich in den seltensten Fällen derart hohe Honorare darstellen, wie es die meisten Schönheitschirurgen fordern. Nach der GoÄ dürfen Ärzte keine Pauschalpreise bewerben und auch nicht pauschal abrechnen.
Im Leistungskatalog der GoÄ ist jede mögliche ärztliche Leistung aufgelistet, mit einer Ziffer versehen und einem bestimmten Geldwert zugewiesen. Die Rechnung muss insbesondere enthalten:
Der Steigerungssatz ist oft am unverständlichsten. Anhand dieser Stellschraube erzielen Ärzte ihr Honorar. Als Mittelwert und im normalen Fall anzusetzen ist das 2,3fache des Gebührensatzes. Ein Überschreiten bis zum 3,5 fachen des Gebührensatzes ist auf die einzelne Leistung bezogen für den Patienten oder die Patientin verständlich und nachvollziehbar schriftlich zu begründen.
Will der Arzt über diesen 3,5fachen Höchstsatz hinausgehen, muss eine Honorarvereinbarung zwischen Arzt und Patient geschlossen werden.
Die Anforderungen an eine wirksame Honorarvereinbarung sind hoch. Nach § 2 Abs. 2 GOÄ ist die Vereinbarung in einem Schriftstück zu treffen. Sie muss von beiden Vertragspartnern, das heißt von Patient und Arzt unterschrieben sein. Die Vereinbarung muss neben der Nummer und der Bezeichnung der Leistung, dem Steigerungssatz und dem vereinbarten Betrag auch die Feststellung enthalten, dass eine Erstattung der Vergütung durch den Kostenträger möglicherweise nicht in vollem Umfang gewährleistet ist. Weitere Erklärungen darf die Vereinbarung nicht enthalten (§ 2 Abs.2 S.3 GOÄ). Sind diese Anforderungen nicht erfüllt, ist die Vereinbarung nichtig (§ 125 BGB). Auch eine vom Patienten unterzeichnete „Erklärung“, durch die dieser sich verpflichtet, ein höheres Honorar zu zahlen, genügt den formalen Anforderungen nicht.
Es sind noch zahlreiche weitere Vorgaben zu beachten, die hier nicht im Einzelnen aufgeführt werden können. Zu erwähnen ist aber noch, dass die Honorarvereinbarung vor Beginn der Behandlung abzuschließen ist (§ 2 Abs. 2 S. 1 GOÄ). Sie darf auch nicht die Anwendung der GoÄ wieder ausschließen, so dass auf diesem Wege doch ein Pauschalhonorar vereinbart wird. Eine solche Vereinbarung ist unwirksam, so dass auch bereits gezahltes Pauschalhonorar vom Patienten nach den Grundsätzen von § 812 BGB zurückgefordert werden kann.
Bei der Wahl des Steigerungssatzes ist auch im Rahmen einer Honorarvereinbarung der Arzt nicht vollkommen frei. Er ist nach dem Berufsrecht verpflichtet, nur ein angemessenes Honorar zu vereinbaren. Was Angemessenheit bedeutet, ist im Einzelfall zu prüfen.
|
|
|